Der grosse Fino Schokoladenfabrik

Niemand konnte sagen, woher er gekommen war. Plötzlich stand er mitten auf einer Lichtung im Wald - dort, wo sich die wilden Hasen treffen. Sein Fell schimmerte golden und silbern, seine Ohren trug er stolz erhoben und das Blitzen seiner Augen flösse selbst dem wildesten Hasen Respekt ein. Allen war klar: er war ein Osterhase!

Wilde Hasen sind ein eigenes Vok. Mit den Osterhasen haben sie nicht viel zu tun.
Wilde Hasen sind stolz auf ihr wildes Leben, sagen sie. Niemals, sagen sie, würden sie freiwillig harte Eier bunt bepinseln und in Körben zu den Menschenkindern trage. Sagen sie. Aber natürlich wäre jeder wilde Hase gern einmal ein Osterhase. Wenigstens einmal im Leben.

Manchmal wird ein wilder Hase mit einem Osterhasen verwechselt. Wenn zur Osterzeit Menschen den Wald durchstreifen, dann heisst es: "Guck mal, der Osterhase." Das schmeichelt dem wilden Hasen natürlich. Und wenn er eitel genug ist, macht er Männchen und lässt sich als Osterhase bewundern...
Plötzlich stand nun also dieser grosse, unerhört glänzende Osterhase auf der Lichtung des Waldes. Stumm starrte er in die Runde. Die wilden Hasen waren plötzlich zahm wie Kaninchen. Sie rückten enger zusammen. Einer von ihnen, Hugo mit Namen, fasste sich ein Herz. Er trat vor und räusperte sich noch ein mal und sagte endlich: "Willkommen bei uns im Hasenwald!"

"Willkommen im Hasenwald!", riefen die wilden Hasen, erfreut darüber, dass es etwas zu tun gab.
Dann war es wieder still. Verzagt sassen die wilden Hasen vor dem mächtigen, strahlenden Osterhasen. "Womit können wir dienen?", fragte Hugo. 
Der Osterhase schwieg.

"Purzelbäume gefällig?" "Au ja, Purzelbäume!", schrieen die wilden Hasen. Über Purzelbäume würde er sich bestimmt freuen. Also purzelten sie wild durcheinander. Aber der hohe Herr Osterhase verzog keine Miene. "Vielleicht will er Möhren", schlug Willi zaghaft vor und hielt ihm eine unter die Nase. Der hohe Herr schnupperte nicht mal. Doch Willi hatte etwas gesehen. "Auf seiner rechten Pfote", flüsterte er, "steht Fino Schokoladenfabrik." "Fino Schokoladenfabrik!" Ehrfurchtsvoll fing der Name reihum. "Was für ein würdiger Name. So lang und so schwierig!" Gut zu wissen, wie der hohe Herr Osterhase hiess. Aber was weiter? Es war schon fast Mittag und die wilden Hasen wollten nicht ewig auf der Lichtung warten. Doch man konnte Herrn Fino Schokoladenfabrik auch nicht alleine lassen. Schliesslich blieb Willi zur persönlichen Betreuung des Herrn Fino zurück. Denn er kannte ihn am besten von allen. Willi setzte sich zu Herrn Finos Füssen, bereit ihm jeden Wunsch von den Lippen abzulesen. Aber der blieb stumm. Die Sonne brach durch das Geäst; es wurde Mittag. Und es wurde heiss auf der Lichtung und immer heisser.

Plötzlich fuhr Willi hoch. Herr Fino hatte sich bewegt. Sein rechter Löffel bog sich sanft nach unten. Dann der linke. Willi stand wie vom Donner gerührt: Was war das? Herr Fino sank in sich zusammen. Alles an ihm blieb blitzend und hell, doch sein Haupt schien kleiner zu werden, die glänzende Schnauze drückte sich nach innen und die strengen starren Augen rückten zusammen: Herr Fino schielte plötzlich fürchterlich. "Er schmilzt!", schrie Willi verzweifelt. "Heilige Mohrrübe, der schmilzt mir weg wie ein Schneemann!" Aber da war nichts mehr zu retten. Herr Fino schmolz weiter. Und wo jetzt auch noch die Hülle aufriss, quoll eine warme duftende Masse heraus. Willi schnupperte. Und schnupperte. Und plötzlich vergass er all seine Pflichten. Herr Fino schmeckte ausgezeichnet. Am Abend fanden die wilden Hasen einen Willi, der mit verklebter Schnauze neben einer gold- und silberglänzenden Kugel hockte. Das war nämlich alles, was von Herrn Fino übrig geblieben war. Willi hob die Pfote und gebot Schweigen. Er rief: "Herr Fino Schokoladenfabrik hat uns verlassen. Es hat puff gemacht und weg war er." "Wie hat es gemacht?", fragte der schwerhörige Theodor. "Puff!", wiederholte Willi. "Puff und er war fort. Zurückgelassen hat er nur diese glänzende Kugel, mit der man prima Fussball spielen kann."

Ob ihm die wilden Hasen wirklich glaubten? Nun, sie waren vor allem froh, dass die unheimliche Begegnung ein Ende hatte. Das war das Wichtigste. Als Willi vorzeigte, wie man einen Elfmeter schiesst, da hatten sie die Herkunft des Balles auch schon wieder vergessen. Und so sollten sie nie die Wahrheit über den Schokoladenhasen erfahren, den ein wirklicher Osterhase auf der Waldeslichtung vergessen hatte...

Quelle: http://www.kirchenweb.at/osterhase/ostern/ostermaerchen2.htm

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