Wie das Kaninchen den Mantel des Otters stahl

Die Tiere waren verschieden gross und trugen Mäntel unterschiedlicher Farben und Muster. Einige trugen langes Fell, andere kurzes. Einige hatten Ringe auf ihren Schwänzen und andere hatten überhaupt keinen Schwanz. Einige trugen braune Mäntel, andere schwarze oder gelbe.

Sie stritten immer darüber, wer denn nun der Schönste sei. Schliesslich wurden sie sich einig, eine Versammlung abzuhalten und zu beschliessen, wer von ihnen den schönsten Mantel hätte.

Sie hatten viel über den Otter gehört, welcher so weit oben am Fluss wohnte, dass er nur selten herunterkam, um die anderen Tiere zu besuchen. Es wurde gemunkelt, dass er den feinsten Pelz von allen hätte, aber keiner wusste, wie er denn wirklich war, weil es so lange her war, dass ihn jemand gesehen hat. Sie wussten nicht einmal genau, wo er wohnte -- nur die ungefähre Richtung; aber sie wussten, dass er zur Versammlung kommen würde, wenn denn der Entschluss gefallen wäre.

Nun, das Kaninchen wollte das Rennen gewinnen, so dass es - als es sich abzuzeichnen begann, dass der Otter gewinnen könnte - einen Plan austüftelte, wie es ihn um den Sieg bringen könnte. Es stellte einige hinterlistige Fragen, bis er herausgefunden hatte, welchen Weg der Otter auf seinem Weg zum Versammlungsplatz nehmen würde. Dann, ohne etwas zu sagen, ging er weg und nach einer Viertagesreise traf er den Otter und erkannte ihn sofort an seinem schönen Pelz aus weichen dunkelbraunen Haaren. Der Otter war froh, ihn zu sehen und fragte ihn, wohin er denn gehe.

"Oh," sagte das Kaninchen, "die Tiere schickten mich, um dich zu der Versammlung zu begleiten. Weil du so weit weg wohnst, hatten sie Angst, dass du den Weg nicht kennen könntest." Der Otter dankte ihn und sie gingen zusammen weiter.

Sie reisten den ganzen Tag in Richtung Versammlungsplatz und bei Einbruch der Nacht wählte das Kaninchen den Rastplatz aus, weil der Otter in diesem Teil des Landes ein Fremder war. Das Kaninchen schnitt Zweige für das Nachtlager und machte alles gut bereit. Am nächsten Morgen reisten sie weiter. Am Nachmittag begann das Kaninchen Holz und Rinde zu sammeln und trug alles auf dem Rücken mit. Als der Otter fragte, warum es das mache, antwortete das Kaninchen, es sorge vor, damit sie es in der Nacht warm und gemütlich hätten. Nach einer Weile, kurz vor Sonnenuntergang hielten sie an und schlugen ihr Lager auf.

Als sie gegessen hatte, nahm das Kaninchen einen Stock und schnitzte daraus eine Schaufel. Der Otter wunderte sich und fragte wieder, was es damit machen wolle.

"Ich habe gute Träume, wenn ich mit einer Schaufel unter meinem Kopf schlafe," antwortete das Kaninchen.

Als die Schaufel fertig war, begann das Kaninchen das Gebüsch wegzuschneiden und machte einen Pfad bis zum Fluss. Der Otter wunderte sich mehr und mehr und wollte wissen, was das zu bedeuten habe.

Das Kaninchen sagte: "Dieser Ort wird Di'tatlâski'yï genannt (der Platz, an dem es Feuer regnet). Manchmal regnet es hier Feuer und der Himmel sieht heute ein bisschen danach aus. Geh ruhig schlafen, ich bleibe wach und halte Wache. Und wenn das Feuer kommt und du mich schreien hörst, renn zum Fluss und spring hinein. Vorsichtshalber solltest du deinen Mantel an einen Ast dort drüben hängen, damit er nicht verbrannt wird."

Der Otter tat, wie ihm geheissen und sie legten sich beide hin, um zu schlafen. Aber das Kaninchen blieb wach. Nach einer Weile war das Feuer zu rotglühender Kohle niedergebrannt. Das Kaninchen rief, aber der Otter schlief tief und fest und gab keine Antwort. Nach einer Weile rief es wieder, aber der Otter bewegte sich nicht. Da füllte das Kaninchen die Schaufel mit heisser Kohle und warf sie in die Luft und schrie: "Es regnet Feuer! Es regnet Feuer!"

Die glühende Kohle fiel rund um den Otter zu Boden. Dieser sprang auf. "Zum Wasser!" schrie das Kaninchen und der Otter rannte und sprang in den Fluss. Und dort lebt er seither.

Das Kaninchen zog den Mantel des Otters an und liess seinen zurück. Dann ging es zur Versammlung. Alle Tiere waren dort und alle hielten Ausschau nach dem Otter. Schliesslich sahen sie ihn in der Ferne und sie sagten zueinander: "Der Otter kommt!" and schickten eines der kleinen Tiere, um ihm den besten Platz zuzuweisen. Sie waren alle glücklich, ihn zu sehen und gingen eines nach dem anderen hinauf, um ihn zu begrüssen. Aber der Otter hielt den Kopf gesenkt, mit einer Pfote über dem Gesicht. Sie wunderten sich, dass er so schüchtern war, bis der Bär kam und ihm die Pfote vom Gesicht wegzog. Und da sahen sie, dass es das Kaninchen mit seiner gespaltenen Lippe war. Es sprang auf und fing an, wegzulaufen. Der Bär schlug nach ihm und riss ihm den Schwanz ab, aber das Kaninchen war zu schnell für sie und entkam.

Quelle: http://www.earthbow.com/native/frames.htm

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