Der kleine Hase

Einst begegneten sich ein Hase und ein Fuchs; da sprach der Fuchs zum Hasen: "Wir wollen an das Meer gehn und auf Eisschollenschwimmen spielen." Der Hase war es zufrieden, sie gingen also ans Ufer hinab, sprangen jeder auf ein Stück Eis und fuhren davon. Der Hase sagte: "Nun kann mich niemand erreichen, niemand fressen." Und auch der Fuchs sagte: "Nun kann auch mich niemand einholen oder fressen."

Eine Zeitlang schwammen sie so dahin, bis sie wieder ans Ufer zurückkehren wollten. Die Eisschollen trieben an den Strand, und sie sprangen ans Ufer; dabei sprang der Hase sehr gut, doch der Fuchs fiel ins Wasser und kam ganz nass an den Strand. Da legte er sein Fell ab, nahm seine Augen und Eingeweide heraus und hängte sie zum Trocknen in der Sonne auf.

Plötzlich erblickte der Fuchs den Grossen Raben, der am Ufer entlang kam, und ergriff die Flucht, doch hatte er nur noch Zeit, sein Fell und die Eingeweide mitzunehmen, während er seine Augen zurücklassen musste. So konnte der Fuchs denn nichts sehen; doch fühlte er, als er lief, Blaubeeren unter den Füssen; er pflückte zwei davon und tat sie in die Augenhöhlen, doch als er weiterlief, fielen die Beeren heraus, da sie zu klein waren. Darauf lief er über steiniges Land und fühlte weisse Kiesel unter seinen Füssen, da hob er zwei davon auf und tat sie in den Kopf, um die Augen zu ersetzen, doch auch diese fielen bald darauf heraus. Dann nahm er ein paar Eisstücke auf und machte sich daraus Augen. So lief er nach Hause und sagte: "Der Grosse Rabe denkt wahrscheinlich, dass er den Fuchs getötet habe, doch ich lebe noch. Man sollte ihm einen Streich spielen."

Am folgenden Tage begab sich der Grosse Rabe an seinen SommerpIatz, um ein paar getrocknete Fische zu holen. Er legte einige Fische auf seinen Schlitten und fuhr heim. Der Fuchs lauerte ihm auf, lief hinter dem Schlitten her und warf die Fische heraus. Dann sammelte er sie auf und nahm sie mit nach Hause. So kam denn der Grosse Rabe mit einem leeren Schlitten heim. Er blickte ihn an und sagte: "Das hat der Fuchs getan. Ich muss ihn auf der Stelle umbringen." Der Grosse Rabe kehrte daher zu dem Sommerplatz zurück und streute dort Gift. Am nächsten Tage ging er wieder hin und fand den Fuchs tot. Er nahm ihn mit nach Hause und sagte zu Miti: "Nun habe ich ihn beseitigt."

Das ist die ganze Geschichte.

Quelle: Märchen aus Sibirien, Eugen Diederichs Verlag (Reihe Diederichs Märchen der Weltliteratur)

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